Gehwege mit "Fahrrad frei" sind keine Radwege
Häufiges Missverständnis: Ein Gehweg wird nicht zu einem Radweg, nur weil dort das Zusatzschild “Fahrrad frei” angebracht ist. Radfahrende dürfen solche Wege nur mit Schrittgeschwindigkeit und besonders vorsichtig nutzen und gehören lieber auf die Fahrbahn. Aber es gibt eine Alternative.
Einer der größten Fehler bei Radinfrastrukturplanungen ist die Freigabe von Gehwegen für den Fahrradverkehr. Dieses Instrument ist als letztes Mittel vorgesehen an den Stellen, wo wirklich keine andere Lösung möglich ist. Vorher sollen alle anderen Lösungen geprüft werden (eigenständiger Radweg, Radfahrstreifen, gemeinsamer Geh-/Radweg, “Schutzstreifen”).
Die heutigen freigegebenen Gehwege sind oft die ehemaligen Radwege, bei denen die Kommunen aufgrund der geänderten Rechtslage zur Radwegbenutzungspflicht einfach nur die Schilder ausgetauscht haben, die Wege aber weiterhin genau so genutzt werden sollen. Eine weitergehende Planung hat dann meist nicht stattgefunden und eine Auseinandersetzung mit dem Thema wird vermieden.
Gehwege sind kein Teil von Radverkehrsinfrastrukturen und werden das auch nicht durch ein Zusatzschild “Fahrrad frei”.
Der Radverkehr ist auf einem Gehweg immer nur Gast und muss seine Geschwindigkeit an den Fußverkehr anpassen. Das bedeutet Schrittgeschwindigkeit, zur Not muss abgestiegen und geschoben werden. Kommt es zu einem Unfall, ist der Radfahrende Schuld. Diese rechtliche Bewertung ist aber nicht allen klar und kann auch bei der Benutzung nicht vorausgesetzt werden — schon gar nicht wenn sich die Beschilderung im Laufe der Wegstrecke ständig ändert.
Die Empfehlung für Radfahrende ist, dass ein Gehweg “Fahrrad frei” nur in absoluten Ausnahmefälle genutzt werden sollte. Das führt bei Autofahrenden allerdings oft zu Unverständnis, weil auch dort die Rechtslage meist unklar ist. Enges Überholen, Anhupen, Drängeln Beleidigungen und belehrende Gesten sind die Konsequenz. Grundsätzlich sind die Kommunen hier aufgefordert für vernünftige Lösungen zu sorgen.
Bessere Alternative: Gemeinsamer Geh-/Radweg ohne Benutzungspflicht
Was also tun? Die rechtlichen Hürden für die Anordnung einer Benutzungspflicht von Radwegen sind mittlerweile so hoch, so dass sie in der Praxis in Jever kaum umsetzbar sind. Wenn der Platz nicht ausreicht, um getrennte Wege für Fuß- und Radverkehr zu schaffen (dies muss immer die erste Wahl sein), muss also eine andere Lösung gefunden werden.
Eine Alternative liegt in der Ausweisung von Geh- und Radwegen ohne Benutzungspflicht. Diese Flächen werden erkennbar für die gemeinsame und gleichberechtigte Nutzung von Geh- und Radverkehr gestaltet, müssen breit genug sein (Mindestbreite 2,50 m, wenn Radverkehr in beide Richtungen erlaubt ist 3 m) und werden nicht durch ein Schild ausgewiesen, sondern sind durch Piktogramme auf dem Boden erkennbar.
Weitere Informationen finden sich u.A. bei Bernd Sluka.
Über den Autor
von Oliver de Neidels
Mein Name ist Oliver de Neidels, ich bin 1979 geboren und wohne seitdem in der friesischen Kleinstadt Jever. Ich bin selbständig und habe ein kleines Unternehmen, das Webseiten wie diese hier baut.
Außerdem engagiere ich mich in der Lokalpolitik und bin Mitglied des Jeverschen Stadtrats. Meine Lieblingsthemen sind die Verkehrswende im kleinstädtischen Maßstab und der Umbau zur „Stadt von Morgen“.