Entwurf Mikroquartiere von WoltersPartner
Bild: WoltersPartner

Innenstadtkonzept – Die Zukunft von Jevers Altstadt: Ablauf der Bürger*innenbeteiligung

· von

Die Stadt Jever hat ein Innenstadtkonzept in Auftrag gegeben, bei dem die langfristige Entwicklung der Innenstadt geplant werden soll. Dabei gibt es eine umfangreiche Bürger*innenbeteiligung.

Bei einem Innenstadtkonzept handelt es sich um einen städtebaulichen Rahmenplan, der im stetigen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet wird, und die langfristige städtebauliche Entwicklung der jeverschen Innenstadt dargestellt.


Aus dem Zwischenpräsentation von WoltersPartner zum Innenstadtkonzept - Link zur Präsentation

Warum braucht Jever sowas?

Die Innenstadt ist das Herz unserer Stadt. Hier leben und arbeiten viele Menschen auf engstem Raum. Hier gehen Jeveraner*innen und Tourist*innen shoppen und in die Restaurants, nutzen Grünanlagen und gehen spazieren. Die Innenstadt musste sich dabei im Laufe der Jahrhunderte immer mal wieder neu erfinden. An so einem Punkt stehen wir aktuell auch: In Zeiten von Klimakrise und Internethandel, Verkehrswende und Wohnraumverdichtung müssen auch wir unsere Innenstadtnutzung überdenken. Ziel ist es, jetzt zu handeln und agieren zu können und nicht hinter Entwicklungen hinterher zu laufen.

Infobox Aufgabenstellung

Was ist das Innenstadtkonzept und wer ist verantwortlich?

Das Konzept wird vom Stadtplanungsbüro WoltersPartner erarbeitet, die bereits durch ihre Arbeit am Sanierungskonzept Wallanlagen bestens mit der Stadt vertraut sind. Zuarbeiten folgen im Bereich Fließwasseranalyse durch Weber-Ingenieure und im Bereich Mobilität durch das Ingenieurbüro abvi.

Nutzung und Entwicklung der Innenstadt: Wie sieht die zukünftige Nutzung der einzelnen Bereiche der Stadt aus? Was sind Stärken und Schwächen? Was können wir tun um die Stadt für alle besser zu machen?

Stadtbild: Wie wird die Innenstadt attraktiver? Wie wird die Aufenthaltsqualität verbessert?

Mobilität: Wie gut ist die Innenstadt erreichbar? Wie sind die Autostellplätze ausgelastet und können wir die überschüssigen Flächen besser nutzen? Gibt es Möglichkeiten, Alternativen besser nutzbar zu machen?

Klimaanpassung: Wie fließt das Wasser in der Stadt bei Starkregen? Können wir das Wasser für Dürreperioden nutzen?

Wie ist der Ablauf?

Nach der Beauftragung durch die Stadt hat das verantwortliche Büro eine Bestandsaufnahme vorgenommen. Das untersuchte Gebiet wurde anschließend in Quartiere aufgeteilt. Ein Quartier ist ein zusammenhängender Bereich von Gebäuden mit ähnlicher Nutzung (z.B. der Kirchplatz und die Wangerstraße). Für jedes Quartier wurden dann städtebauliche Stärken und Schwächen herausgearbeitet und dargestellt. Außerdem werden „Leitlinien für die künftige Entwicklung“ definiert: Was ist in Zukunft zu beachten? Was sind Entwicklungsziele in diesem Quartier? Was soll gefördert werden?

Im Bereich Verkehr wurden die Autoparkflächen erfasst und mit einer aufwändigen Erhebung die Auslastung über einen Mustertag ermittelt.

Eine Fließweganalyse wurde erstellt. Grob gesagt für jeden Punkt im untersuchten Gebiet wurde analysiert, in welche Richtung das Wasser von diesem Punkt aus fließt.

Im nächsten Schritt gab es die erste Bürger*innenbeteilungsphase mit einem Bürger*innen-Forum, Stadtspaziergang und anschließendem Workshop. Zusätzlich gab es eine umfangreiche Online-Beteiligung, bei der viele Hinweise eingegangen sind.

Die beteiligten Büros haben sich anschließend mit den erhobenen Daten und Eingaben aus der Bevölkerung an die Arbeit gemacht und einen Entwurf für das Innenstadtkonzept erarbeitet. Darin enthalten auch ein umfangreicher Maßnahmenkatalog und Vorschläge, wie sich die einzelnen Quartiere der Stadt künftig entwicklen sollen. Im Rahmen einer zweiten Bürger*innenbeteiligung wurde das Konzept und die Maßnahmen dann zur Diskussion gestellt. Neben zwei Präsenzveranstaltungen mit Workshop kann aktuell (noch bis zum 20.01.23) auch online eine Meinung abgegeben werden. Dabei kann über alle Einzelmaßnahmen des Katalogs abgestimmt werden: Daumen hoch oder Daumen runter. Zusätzlich darf noch ein Kommentar abgegeben werden.

Aus den Rückmeldungen der Bürger*innenbeteiligung entsteht dann das finale Innenstadtkonzept, dass den politschen Gremien im Frühjahr zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Nach dem Abschluss der Erstellungsprozesses geht es in die Umsetzungsphase.

Bürgerbeteiligung Innenstadtkonzept 2.Runde
Übersichtskarte auf der Webseite zur zweiten Bürger*innenbeteiligungsrunde zum Innenstadtkonzept Bild: Screenshot Bürger*innenbeteiligungs-Webseite

Was ist in der Umsetzung zu erwarten?

Konzepte sind erstmal nur Papier mit Vorschlägen. Einiges erweist sich in der Praxis vielleicht nicht umsetzbar oder zu teuer, vieles wird aber auch oft als zu revolutionär angesehen. Gesellschaften sind in der Regel sehr konservativ, was Änderungen im eigenen eng umgrenzten Lebensumfeld betrifft. Eine Straße oder ein Platz wird umgestaltet, eine Verkehrsführung geändert, neues (optisch zu modernes) Stadtmobiliar wird angeschafft: Viele Menschen gehen erstmal in eine Abwehrhaltung. So schlecht war das Altbewährte nicht, es gibt immer etwas Wichtigeres, die Experten haben doch alle keine Ahnung und sowieso: Früher war alles besser. So war es auch in der Bürgerbeteiligung. Neben vielen interessierten und engagierten Bürger*innen waren auch einige wenige (aber laute) Menschen mit deutlich verschränkten Armen dabei.

Insofern wird es auch aus diesem Plan einige Dinge geben, die umgesetzt werden und andere wiederum nicht. Dabei ist bei diesen Konzepten, die mit erheblicher Bürger*innenbeteiligung erstellt werden, das Herzblut und die Ideen der engagierten Stadtbevölkerung mit eingeflossen. Es wäre ein leichtes zu sagen: „Ihr habt das alles mitentschieden. Wer hinterher meckert ohne sich im laufenden transparenten Prozess einzubringen, der hat vielleicht gar keine besseren Ideen, sondern ist vielleicht einfach nur generell mit allem unzufrieden.“ Es bleibt also abzuwarten, was konkret an Maßnahmen aus dem Plan entsteht und wie dann die tatsächliche Umsetzung ist.

Diesen Artikel teilen: Facebook Twitter

Über den Autor

von Oliver de Neidels

Mein Name ist Oliver de Neidels, ich bin 1979 geboren und wohne seitdem in der friesischen Kleinstadt Jever. Ich bin selbständig und habe ein kleines Unternehmen, das Webseiten wie diese hier baut.

Außerdem engagiere ich mich in der Lokalpolitik und bin Mitglied des Jeverschen Stadtrats. Meine Lieblingsthemen sind die Verkehrswende im kleinstädtischen Maßstab und der Umbau zur „Stadt von Morgen“.