
Sperrung der Kirchplatz-Nordseite für Autos
Die umfangreiche Bürgerbeteiligung viele Erkenntnisse gebracht. Zum Beispiel, dass sich viele Menschen an den Autos auf dem Kirchplatz stören. Die Stimmung dafür war dabei so deutlich, dass eine Maßnahme jetzt schon für diesen Sommer in die Beratung der politischen Gremien kommt: Die Sperrung der Nordseite des Kirchplatzes – zuerst einmal als Versuch.
Im Bürgerbeteiligungsprozess zum Innenstadtkonzept wurde vor allem der Autoverkehr in der Altstadt als störend empfunden. Der Kirchplatz als idyllisches Zentrum von Jevers Altstadt wird von parkenden und fahrenden Autos dominiert. Besonders für die gastronomisch geprägte Nordseite ist der an Kaffee und Kuchen oder dem Eisbecher vorbei rauschende Autoverkehr ein Problem. Fast niemand im Auto hält sich an die im gesamten Altstadtbereich geltende Schrittgeschwindigkeit. Geparkt wird, wo Platz ist und nicht dort, wo die Markierungen es vorgeben. Laufende Menschen, spielende Kinder und Radfahrer*innen haben sich unterzuordnen. Wie so oft verfehlen auch hier Bitten und Appelle ihre Wirkung. Das flehende Zusatzschild „Schrittgeschwindigkeit“ unter dem Schild für den verkehrsberuhigten Bereich an allen Zufahrten zur Altstadt wird ignoriert. Die Idee des Teilens des vorhandenen knappen Raumes, die hinter einem verkehrsberuhigten Bereich steht, funktioniert nicht. Das Auto ist König. Der zwei Mal in der Woche stattfindende Wochenmarkt auf dem Kirchplatz zeigt aber das Potential des Platzes als Ort für Menschen.
Die Vision eines besseren Kirchplatzes hatten in der gerade abgelaufenen vielstufigen Bürgerbeteiligung viele Jeveraner*innen. In vielen Beiträgen wurde eine Änderung für den Kirchplatz gewünscht. Gegenstimmen gab es nur wenige. Auch bei den Bürger*innenforen und in der Online-Beteiligung gab es nur vereinzelt ablehnende Stimmen. Keine andere Maßnahme hat mehr positive Bewertungen erhalten als die Veränderung der Verkehrsführung auf dem Kirchplatz. Die Verwaltung hat diese deutlichen Signale aus der Bevölkerung aufgenommen und plant jetzt schon für dieses Jahr einen Verkehrsversuch für den Kirchplatz. Dabei soll die Nordseite vor der Gastronomie für den Kfz-Verkehr gesperrt werden. Parkplätze entfallen dabei übrigens nicht, denn diese wurden bisher den Lokalen für die Außengastronomie zur Verfügung gestellt. Die Sperrung macht eine Neuordnung der Verkehrsrichtung für einen Teilabschnitt nötig. Bisher war der Kirchplatz ein großer Kreisverkehr, jetzt fällt ein Segment für den Autoverkehr weg. Der Verkehr von der Wangerstraße kann nun nicht mehr rechts auf den Kirchplatz abbiegen, sondern muss geradeaus weiter in Richtung Rathaus fahren.
Infobox Verkehrsversuch
Was ist ein Verkehrsversuch?
Bei einem Verkehrsversuch werden geplante Änderungen der Verkehrsführung erstmal probeweise für ein paar Monate provisorisch eingerichtet. Typischerweise beträgt die Testphase drei bis zwölf Monate. Im Vorfeld und während des Versuchs werden die Verkehrsströme im Umfeld gezählt und laufend wird der Verkehr überwacht um bei akuten Problemen nachsteuern zu können. Im Rahmen der Verkehrswende sind tiefgreifende Einschnitte in Verkehrsabläufe unausweichlich. Verkehrsversuche sind dabei eine nützliche Hilfe bei der Planung.

Vorschlag der Verwaltung
Die Verwaltung schlägt vor, dass nur auf dem kurzen Stück zwischen Wangerstraße und Kleiner Rosmarinstraße die Fahrtrichtung geändert wird. Der Autoverkehr von der Wangerstraße kommend und der Verkehr aus der Gegenrichtung aus Richtung Rathaus kommend sollen dann beide durch die Kleine Rosmarinstraße bis runter zur Graft fahren und dann durch die Fräulein-Marien-Straße zur Schloßstraße. Dieser Vorschlag hat durchaus seine Vorzüge, denn er reduziert den Verkehr am Kirchplatz wohl nach einiger Zeit deutlich. Wer einmal durch Flamenstraat oder Wangerstraße auf den Kirchplatz gefahren ist und sich dann durch die engen Altstadtstraßen den Weg zurück suchen muss, der meidet den Kirchplatz in Zukunft. Die Parkplätze auf dem Kirchplatz können weiter wie bisher genutzt werden. Aber für Lieferverkehr, größere Fahrzeuge und die Bewohner der östlichen Altstadt wird es vermutlich schwieriger.

Alternativvorschlag
Mein Alternativvorschlag sieht die Umkehrung des Verkehrs für die gesamte Ostseite vor. Der Verkehr von der Wangerstraße kommend verlässt den Kirchplatz wieder über die Flamenstraat. Die Flamenstraat würde dann auch zur Einbahnstraße werden, weil auch der Verkehr von der anderen Seite den Kirchplatz hier verlassen müsste. Evtl. könnte man die Zufahrt zum Parkplatz hinter der Apotheke aber erlauben. Die Richtung der Parkplätze gegenüber den Hausnummern 4-7 müsste auch gedreht werden. Es würden keine Wohnstraßen im Umfeld des Kirchplatzes verkehrlich mehr belastet wie beim Verwaltungsvorschlag.
Die Alternative wird allerdings unbrauchbar, sollte die Flamenstraat durch die Sperrung/Abriss/Sanierung der Albanibrücke nicht mehr als Ausfahrt vom Kirchplatz nutzbar sein. Dann kann eine andere Verkehrsführung nötig werden, z.B. eine Umkehrung der Fahrtrichtung in der Wangerstraße.

Bewertung
Der vielfache Wunsch in der Bevölkerung nach mehr Platz für Menschen auf dem Kirchplatz wird Rechnung getragen. Der ebenfalls vorhandene Wunsch nach einem komplett autofreien Kirchplatz ist aber wohl (noch?) zu radikal für eine Umsetzung. Der Vorschlag der Sperrung der Nordseite ist aber durchaus geeignet ein Erfolg zu werden. Der Kirchplatz bleibt für alle erreichbar. Es gibt aber in Zukunft durch den fehlenden Kreisverkehr vermutlich weniger Verkehr. Die Maßnahme sollte vorbereitet und dann zeitnah umgesetzt werden. Idealerweise zwischen Ostern und Oktober, so dass wir eine ganze Hauptsaison den geänderten Verkehrsfluss beobachten können. Es wird üblicherweise zu Beginn einige Zeit brauchen, bis sich alle an die Änderungen gewöhnt haben. Zum Ende hin sollte dann eine Bewertung stehen und geprüft werden, ob sich die Änderung bewährt hat. Vermutlich wird sich der Erfolg schnell abzeichnen und wir können von der Versuchsphase nahtlos in eine dauerhafte Änderung übergehen.
Quellen und weiterführende Links
Über den Autor

von Oliver de Neidels
Mein Name ist Oliver de Neidels, ich bin 1979 geboren und wohne seitdem in der friesischen Kleinstadt Jever. Ich bin selbständig und habe ein kleines Unternehmen, das Webseiten wie diese hier baut.
Außerdem engagiere ich mich in der Lokalpolitik und bin Mitglied des Jeverschen Stadtrats. Meine Lieblingsthemen sind die Verkehrswende im kleinstädtischen Maßstab und der Umbau zur „Stadt von Morgen“.