Gemeinsamer Geh-/Radweg Voßland

Rückblick 2023/Ausblick 2024: Keine Umsetzung im „Jahr der Umsetzung“

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Mühsam ernährt sich das radfahrende Eichhörnchen. Die Erstellung dieses Textes war ziemlich anstrengend, weil wieder einmal eines deutlich wurde: Verbesserungen für den Radverkehr kommen nicht von alleine, sondern müssen einzeln gegen viele bauchgefühlte Widerstände erkämpft werden. Und immer, wenn man denkt, dass der Knoten endlich durchschlagen wurde, kommt das nächste Hindernis daher. Alle Beteiligten signalisieren immer wieder, dass sie hinter der Verkehrswende stehen – nur um dann in der Praxis am konkreten Beispiel dann doch wieder alles anders zu machen.

Um das Fazit schon vorweg zu nehmen: Entweder platzt 2024 der Knoten endgültig oder so einigen Menschen mal der Kragen. 

Kurz zusammengefasst

Was ist 2023 Positives passiert?

Piktogramme an den Hauptachsen

Tempo 30 in der Anton-Günther-Straße

Asphaltierung Bahnhofsvorplatz

Radweg in Addernhausen

Was ist 2023 für den Radverkehr in Jever passiert?

Als Vorbereitung für diesen Text habe ich auf mehreren Kanälen um Feedback gebeten, was als Verbesserungen für den Radverkehr im Jahr 2023 wahrgenommen wurde. Kurz: Was ist den Leuten aufgefallen? Der überwiegende Teil der Antworten bestand grob zusammengefasst aus nur einem Wort: Nichts. So ganz stimmt das natürlich nicht, aber ich kann den Unmut und die Enttäuschung nachvollziehen. Diese Gefühle machen sich leider auch bei mir und meinen Mitstreitern breit.

Ganz so kurz ist die Liste aber dann doch nicht und vielleicht kann man bei dem einen oder anderen Punkt dann doch nickend zustimmen.

Am sichtbarsten (und im Vorfeld umstrittensten) waren die Fahrradpiktogramme, die auf dem städtischen Teil der Hauptstraßen aufgebracht wurden (Mühlenstraße bis zur Brauerei, Wittmunder Straße, Ziegelhofstraße/Adolf-Ahlers-Straße, Anton-Günther-Straße). Von den Fahrbahnradlern kam dafür auch durchweg Lob. Negative Kommentare gab es nur von den Gruppen, die die Piktogramme gar nicht betreffen: Von Autofahrern, für die sich aber gar nichts ändert, von Gehwegradlern, die auch weiterhin nicht auf die Fahrbahn gezwungen werden und von Fahrradhassern, die sowieso immer gegen alles sind. Der positive Nutzen der Piktogramme ist allerdings unstreitig. Die Stadt Schortens beginnt deshalb in diesem Frühjahr damit, ihre Hauptstraßen ebenfalls damit auszustatten. Und auch die Kosten sind erfreulich gering: Der Verzicht auf die etwa 7.500 Euro teure Maßnahme kann keine Haushaltslücke im Millionenbereich schließen, wie von einigen in der Debatte zum Haushalt 2024 behauptet.

Die im Jahr 2022 beschlossene Umsetzung von Tempo 30 in der Anton-Günther-Straße zwischen Mühlenstraße und Lindenallee wurde umgesetzt und hat – wenig überraschend – positive Auswirkungen. Das hängt auch mit dem gleichzeitig angeordneten Halteverbot auf der Fahrbahn zusammen, so dass der Verkehr zwar langsamer, aber ohne parkende Hindernisse gleichmäßiger und somit gefühlt besser fließen kann.

Kurz vor Jahresende wurde dann auch die Rumpelstrecke auf dem Bahnhofsvorplatz asphaltiert. Das alte Kopfsteinpflaster war zwar schön, aber durch die Arbeiten am neuen ZOB sehr in Mitleidenschaft gezogen. Auch für Autos war die Ecke ziemlich unbequem zu fahren. Deswegen ist die neue glatte Fahrbahn für alle eine Verbesserung. Ausstehend sind hier nur noch die Fahrbahnmarkierungen im Kurvenbereich.

Der neue Radweg in Addernhausen ist auch ein deutlicher Punkt auf der Positivliste. Vom Landkreis geplant und umgesetzt zeigt sich hier endlich mal ein Radweg in normaler Breite. So sollten eigentlich alle Radwege aussehen (sage nicht ich, sondern die Richtlinien für die Radwegplanung). Vorbei ist die Zeit, in der man als Radfahrender lieber Umwege gefahren ist, als sich entweder auf der Fahrbahn anhupen zu lassen oder – wenn man auf dem schmalen Seitenstreifen gefahren ist – mit 50 cm Abstand von 80 Stundenkilometer schnellen Autos überholen zu lassen. Schlecht ist hier nur die Anbindung an beiden Seiten zu bewerten: Im Kreisverkehr in Upjever kommt man von der Fahrbahn nur schwer auf den Radweg und zurück und einige Radler fahren entgegen der Fließrichtung auf der Gehwegführung. In Fahrtrichtung Heidmühle landet man plötzlich auf dem schmalen Gehweg und in Gegenrichtung war nicht ganz klar, wie man den Radweg überhaupt erreichen soll, wenn man in der Jeverschen Straße wie gewünscht die Fahrbahn genutzt hat. Nach meinem Hinweis an die Schortenser Straßenverkehrsbehörde wurde für das Teilstück innerorts die Benutzungspflicht aufgehoben, so dass man sich nun besser vom und zum Radweg einordnen kann.

Bahnhofsvorplatz mit Kopfsteinpflaster
Das alte Kopfsteinpflaster vor dem Bahnhof ist Geschichte: Zumindest im Fahrbahnbereich fährt es sich jetzt glatt und die Einkäufe bleiben im Korb. Bild: Oliver de Neidels

Kurz zusammengefasst

Was ist 2023 nicht oder Negatives passiert?

keine Leitplanung Radwege

ewiges Hin und Her bei der Abstellanlage am Graftenhaus

Sanierung der Schadstellen Schützenhofstraße zieht sich hin

ebenso der Radweg nach Moorwarfen: Nichts ist wirklich passiert

die Albanibrücke steht immer noch 😉

Baustellenabsicherung oftmals richtig schlecht

Was ist 2023 NICHT passiert?

Auch im Jahr 2023 wurde der Antrag zur Leitplanung Radwege nicht wirklich bearbeitet. Zum Jahresende kamen zwar nach fast zwei Jahren endlich mal erste Ideen von der Verwaltung. Die erste Idee war allerdings eher ein Schnellschuss in die falsche Richtung. Es fehlt an fachlichem Know-How. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, denn das ist auch in vielen anderen Bereichen so. Die Verwaltung kann nicht alles wissen. In jedem anderen Bereich würde fehlendes Fachwissen aber durch externe Experten hinzugekauft – sei es in der Planung von Gebäuden oder Straßen. Das passiert im Augenblick für Radverkehrsprojekte nur sehr selten. Eine ganzheitliche Verkehrsplanung für alle gibt es gar nicht. Es wird weiter nur fürs Auto geplant. Auf den schmalen Restflächen müssen sich dann Fuß- und Radverkehr auch noch gegeneinander ausspielen lassen.

Die Abstellanlage am Graftenhaus ist schon oft durchgeplant und von mehreren Experten empfohlen worden. Der geplante Standort liegt zentral in der Stadt an der Touristinfo. Die Stellplätze, die dafür entfallen sind entbehrlich, weil wir in der Stadt (und im nähren Umfeld sowieso) mehr als genug davon haben – das wurde von Experten aufwändig untersucht. Es stehen hier also tonnenweise Expertise von Fachleuten gegen das Bauchgefühl von einigen wenigen. Hier geht es also gar nicht mehr um die Sache, sondern nur um die Abwehr von allem, was dem Radverkehr zugute kommt. Trotz Veranschlagung im Haushalt ist auch hier 2023 nichts passiert. Auf ein neues in 2024?

Die Sanierung der Schadstellen in der Schützenhofstraße ist für 2023 vorgesehen gewesen. Hier haben sich die Dinge einfach nur lange hingezogen und eine Umsetzung steht jetzt in 2024 an (siehe unten).

Die Verbreiterung des Radwegs nach Moorwarfen (und darüber hinaus) stand auch für 2023 an. Auch hier wurde ein wenig geredet, aber passiert ist nichts. Passiert etwas in diesem Jahr?

Die Albanibrücke ist nicht zusammengebrochen. Der Sanierungsbedarf ist unbestritten, aber so dramatisch wie befürchtet ist die Situation nicht. Lange war ich gegen einen 1:1-Ersatzneubau, habe mich aber letztlich von fachlicher Kompetenz umstimmen lassen: Fachplaner haben deutlich gemacht, dass bei einem Rückbau der Albanibrücke an anderer Stelle mehr Verkehr entstehen kann. Weil das insbesondere den geplanten Umbau des Schlosserplatzes mit Reduzierung des Verkehrs dort betreffen würde, musste ich mich also entscheiden: Entweder Rückbau der Albanibrücke oder Umbau des Schlosserplatzes. Am Schlosserplatz sehe ich deutliche Entwicklungs- und Verbesserungsmöglichkeiten für den Rad- und Fußverkehr einerseits, aber auch eine stadtplanerische Möglichkeit zur Aufwertung der Wallanlagen. Der vorgestellte Entwurf zur Albanibrücke konnte mich überzeugen und wird weitere Probleme lösen: Die schadhafte und einsturzgefährdete Schlossmauer wird erneuert und die Ansicht aus dem Schlosspark wird deutlich schöner (das dunkle Loch verschwindet). Ich habe also dem Ersatzneubau der Albanibrücke zugestimmt, damit der Schlosserplatz umgestaltet werden kann.

Und zu schlechter Letzt: Auch im Jahre 2023 bekommen es viele Baufirmen nicht hin, ihre Baustellen richtig abzusichern. Auch hier wird nur an den Autoverkehr gedacht. Rad- und Fußverkehr müssen oft sehen, wo sie bleiben. Das ist insbesondere für ältere Menschen oder Schulkinder gefährlich. Besonders negativ stachen hier 2023 die stadtweiten Bauarbeiten für die Glasfaserverlegung hervor. Hier zeigt sich wieder ein Problem mit der Vergabe an den günstigen Anbieter: Baustellensicherung kostet Zeit und Geld, das gerne eingespart wird.

kurz zusammengefasst

Was könnte 2024 passieren?

Sanierung der Schadstellen auf dem Radweg in der Schützenhof- und Bahnhofstraße 

Bau der Radabstellanlage am Graftenhaus

Baubeginn (oder zumindest Planungsbeginn) zur Radvorrangroute Richtung Schortens

Tempo 30 für die ganze Anton-Günther-Straße und die Adolf-Ahlers-Straße/Ziegelhofstraße

Aufhebung des Gehwegradelns (fast überall)

Radwegbau Richtung Sandelermöns (oder auch nicht?)

kommt endlich die Leitplanung Radwege?

Bau neuer Bushaltestellen

Radfahren in den Wallanlagen verbieten?

Verbesserung der Schulwegsicherheit (Vision Zero)

Machbarkeitsstudie von der Bahnhofstraße bis zur Mühlenstraße

Verkehrskonzept Innenstadt: Wie können wir die Stadt weiterentwickeln?

Was könnte 2024 passieren?

Ich habe mich in der Vergangenheit oft daran orientiert, was denn im Haushaltsplan für das kommende Jahr eingeplant wurde. Wie sich zeigt, wird immer nur ein Bruchteil davon umgesetzt. Ich habe deshalb mal versucht einzuschätzen, wie wahrscheinlich die Maßnahmen sind.

Die Sanierung der Schadstellen auf dem Radweg in der Schützenhof- und Bahnhofstraße steht kurz bevor. Es sind bereits die zu bearbeitenden Stellen mit Farbe markiert worden und ein Auftrag an die auszuführende Firma ist erteilt. Es bleibt abzuwarten, ob der Zustand des Weges hinterher deutlich besser ist als vorher. Hier fehlt es in der gesamten Länge an einer ruckelfreien Oberfläche. Die fehlende Breite (der aktuelle Weg hat mit 1,20 m nur die halbe Normbreite – überholen ist also gar nicht möglich) wird man kurzfristig nicht korrigieren können, aber zumindest eine durchgängige Pflasterung mit neuen glatten Betonsteinen. Im Bereich der Wurzelaufbrüche der Bäume wird es wohl keine befestigte Oberfläche mehr geben, sondern der Radweg wird über eine wassergebundene Schotterfläche geführt. Eine andere Lösung bei der die Wurzeln geschützt, aber der Radweg trotzdem befestigt wird, wurde als angeblich zu teuer verworfen. Es wird am Ende also ein Wechselspiel zwischen altem Ruckelpflaster, neuem Betonpflaster und Schotterflächen, unterbrochen durch Seitenstraßen und Zufahrten geben. Trotzdem wird das ganze wohl als (zumindest kleine) Verbesserung aufgenommen werden. Das Ziel wird aber trotzdem noch nicht erreicht. Hier müsste also zumindest ein mittelfristiges Ziel definiert werden, wie sich die Lage für den Radverkehr an dieser wichtigen Hauptverkehrsachse grundlegend verbessern soll. 
Wahrscheinlichkeit: 100%

Die Radabstellanlage am Graftenhaus: Ein Dauerbrenner und bestes Beispiel für Bauchgefühl contra Expertenwissen (siehe oben oder hier oder hier). 
Wahrscheinlichkeit: 70%

Die Radvorrangroute Richtung Schortens entlang der alten B 210. Weil Schortens und der Landkreis hier zunächst etwas zögerlich waren, war eine eigene Planung von Jever angedacht. Mittlerweile ist aber Bewegung in die Sache gekommen. Unklar ist, ob sich wirklich etwas bewegt.
Wahrscheinlichkeit: 50%

Etwas Bewegung ist für die Radwege an den Hauptachsen dann doch in Sicht: Entlang der Wittmunder Straße ist genug Platz um den vorhandenen Gehweg zu verbreitern und zu einem Angebotsradweg zu machen. Platzprobleme gibt es nur im Bereich des Friedhofs und zur Kreuzung Blaue Straße hin. Schwierig ist auch die einseitige Führung im Zweirichtungsverkehr. Hier gibt es neben der Einmündung Bachstraße vor allem die Zufahrt zum Aldi-Parkplatz und die Einmündung Ziegelhofstraße zu nennen. 
Wahrscheinlichkeit: 40%

An Stellen, an denen es keine Möglichkeit gibt, ein Angebot für den Radverkehr zu schaffen, bleibt als einziges Mittel nur die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit. Das lässt sich inzwischen auch rechtssicher begründen, wie die neue Tempo-30-Strecke in der Anton-Günther-Straße zeigt. Mit der gleichen Begründung können wir also nun Tempo 30 in der Adolf-Ahlers-Straße/Ziegelhofstraße und dem letzten Teilstück der Anton-Günther-Straße zwischen Lindenallee und Bahnhof anordnen. Auch für die Dorfstraße/Ortsdurchfahrt Cleverns ist dies naheliegend. Dort sind die Gehwege schon für Fußgänger viel zu schmal, weshalb sie für Radverkehr nicht freigegeben sind. Es bleibt als einzige Möglichkeit also nur die Temporeduzierung. Für die Stadtstraßen ist die Ausweisung auch schon geplant und kommen relativ sicher. Die Wahrscheinlichkeiten beziehen sich auf die Umsetzung im Jahr 2024. 
Wahrscheinlichkeiten: 95% (Anton-Günther-Straße bis zum Bahnhof), 75% (Adolf-Ahlers-Straße/Ziegelhofstraße), 10% (Dorfstraße)

Die Aufhebung des Gehwegradelns im Stadtgebiet ist beschlossener Bestandteil des Radfahrplans und soll nun ab diesem Jahr nach und nach auf den Gehwegen im Innenstadtbereich überprüft werden – beginnend beim Sophienstift/Straßenzug zwischen Kreisamt und Alter Markt. Letztlich wird sich das Gehwegradeln vermutlich nur noch an ausgewählten Hauptachsen halten. Die Gehwege haben schlicht und einfach fast überall nicht die nötige Breite dafür. Dazu kommt, dass Gehwegradler sich fast nie an die gebotene Schrittgeschwindigkeit halten. Kindern bis 10 Jahren bleibt das Gehwegradeln auch ohne explizite Freigabe immer erlaubt. 
Wahrscheinlichkeit: 95%

Die Planung des Radwegs entlang der L 813 Richtung Sandelermöns stockt ebenfalls. Es ist eigentlich erschreckend, dass das Land Niedersachsen nicht schon lange alle Landesstraßen mit Radwegen ausstattet. Bemerkenswert ist bei diesem Radweg, dass dies die einzige Radinfrastruktur ist, die die Zustimmung der SWG findet. Und das auch nur deshalb, weil ein SWG-Ratsherr in Sandelermöns wohnt. Verkehrspolitik wie von der CSU. Es ist ziemlich sicher, dass hier in diesem Jahr etwas passieren wird – und wenn es nur die Entscheidung ist, ob der Weg überhaupt gebaut werden kann. Selbst das ist nämlich noch nicht sicher. 
Wahrscheinlichkeit: 95% (dass sich etwas bewegt – nicht, dass der Radweg gebaut wird)

Kommt Bewegung in die Leitplanung Radwege? Haben wir am Ende des Jahres eine Vision, wohin die Reise gehen soll?
Wahrscheinlichkeit: 50%

Der Bau neuer Bushaltestellen ist auch in diesem Jahr wieder Thema. Aktuell werden noch die Bushaltestellen, die für das Jahr 2023 geplant waren, gebaut: Gewerbegebiet, Schützenhofstraße, Rahrdum-Kreisel und Cleverns-Feuerwehr. Einige davon sind schon fertig, andere noch nicht einmal angefangen. Es stehen für 2024 folgende Haltestellen an: „Kleine Bahnhofstraße“, „Blumenkohl/Schützenhofstraße“, „Moorwarfen“ und „Rahrdumer Schweiz“. Das betrifft immer auch den Radverkehr, weil sich bisher alle Haltestellen direkt am Radweg befinden. Nach dem Umbau halten die Busse auf der Fahrbahn und der Platz der alten Haltebuchten wird dann sinnvoll für die Wartehäuschen, Radabstellanlagen und Wartebereiche genutzt. Nur bei der Haltestelle „Kleine Bahnhofstraße“ könnte es evtl. Platzprobleme geben. Hier bleibt die Planung abzuwarten. Und ja: Es ist gewollt, dass die Busse auf der Fahrbahn stehen und Autos evtl. warten müssen. ÖPNV steht in der Hierarchie im Straßenverkehr höher als der motorisierte Individualverkehr. 
Wahrscheinlichkeit: 95%

Auch die Neuplanung der Wallanlagen betrifft den Radverkehr.  Im Innenstadtkonzept wurde die Verkehrsfunktion der Wallanlagen völlig außer acht gelassen und der Graftenring nur als Park- und Verweilfläche betrachtet. Entsprechend soll der Radverkehr aus den Wallanlagen verschwinden bzw. an die Außenseiten verschoben werden. Im Bereich der alten B 210 gibt es dort aber gar keinen Platz für einen Zweirichtungsradweg, die Prinzenallee ist breit genug für Fuß- und Radverkehr – Konflikte sind dort nicht bekannt. Wer Radfahren in den Wallanlagen verbieten möchte, muss eine gute Alternative anbieten: Etwa die Entfernung des Kopfsteinpflasters in der Straße Am Wall. Ansonsten hat man mehr Radfahrer dort, wo man sie auch gar nicht so gerne hat: In der Fußgängerzone. 
Wahrscheinlichkeit, dass dies im Jahresverlauf Thema wird: 60%

Unser Antrag zur Schulwegsicherheit/Vision Zero soll in diesem Jahr von einem Fachbüro abgearbeitet werden. Ein deutliches Positivbeispiel dafür, dass auch externes Fachwissen eingeholt wird. 
Wahrscheinlichkeit, dass dies im Jahresverlauf Thema wird: 75%

Für die Achse Bahnhofstraße/Schützenhofstraße/Florianstraße/Anton-Günther-Straße bis zur Mühlenstraße wurde eine Machbarkeitsstudie für den Radverkehr in Auftrag gegeben. Hier soll beleuchtet werden, was es für Möglichkeiten gibt den Radverkehr besser zu führen. Das betrifft dann auch den für Rad- und Fußverkehr problematischen Kreuzungsbereich Bahnhofstraße/Adolf-Ahlers-Straße, an dem die Stadt im letzten Jahr einen schmalen Grundstücksstreifen erworben hat, mit dem sich die Kreuzung besser gestalten lässt. Die ursprüngliche Idee eines Abbiegestreifens aus der Adolf-Ahlers-Straße wird sich wohl glücklicherweise nicht umsetzen lassen und wäre auch deutlich kontraproduktiv. Bei der Machbarkeitsstudie geht es erstmal aber nur um fachlichen Input, was möglich sein könnte. 
Wahrscheinlichkeit: 95%

Fast das wichtigste aber zum Schluss: Das Verkehrskonzept Innenstadt, dass einige wichtige Erkenntnisse zum Verkehr in der Stadt liefern wird und auch hoffentlich neue Ideen zur Umgestaltung problematischer Ecken, steht kurz vor der Fertigstellung und wird mit Spannung erwartet. 
Wahrscheinlichkeit: 100%

Radweg Blumenkohl
Dieser Hubbel ist hoffentlich bald Geschichte: Der Radweg in der Schützenhofstraße wird von “ganz schlecht” auf “schlecht” verbessert. Bild: Oliver de Neidels

Fazit

Allen kleinen Verbesserungen zum Trotz: Es fehlt leider weiterhin die grundsätzlich Vision. Wie soll das Endzustand für den Radverkehr einmal aussehen? Wie sollen die Hauptstraßen gestaltet sein? Was möchte man erreichen? Wenn man so eine Vision hat, dann kann man seine Planungen auf dieses Endziel ausrichten. Dieser erste Schritt ist aber auch im Jahr 2023 immer noch nicht getan worden. Der Radfahrplan wird in diesem Jahr vier Jahre alt. Bald wird er eingeschult – wird er seine Grundschule auf sicherer und gut ausgebauter Radinfrastruktur erreichen können?

Meine Fraktion hatte bereits frühzeitig signalisiert, dass sie dem Haushalt 2024 nur zustimmen wird, wenn endlich substanzielle Fortschritte im Radfahrplan erzielt werden. Dieses Jahr wird also entscheidend. Auch weil aus anderen Parteien bereits Stimmen laut werden: In schlechten Jahren ist leider kein Geld für den Radverkehr da – das war es in guten Jahren aber auch nicht. Die Ausrede zählt nicht mehr.

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

von Oliver de Neidels

Mein Name ist Oliver de Neidels, ich bin 1979 geboren und wohne seitdem in der friesischen Kleinstadt Jever. Ich bin selbständig und habe ein kleines Unternehmen, das Webseiten wie diese hier baut.

Außerdem engagiere ich mich in der Lokalpolitik und bin Mitglied des Jeverschen Stadtrats. Meine Lieblingsthemen sind die Verkehrswende im kleinstädtischen Maßstab und der Umbau zur „Stadt von Morgen“.